Touristen auf Deutschlandbesuch haben sehr einseitige und traditionelle Vorstellungen der deutschen Küche. Die althergekommenen Kenntnisse über die Spezialitäten aus deutschen Lande beschränken sich meistens auf die Bratwurst und das deutsche Bier. Mit ein bisschen Glück kennen die Besucher noch die zweite Riege der deutschen Spezialitäten, wie Sauerkraut, Spätzle und Sauerbraten. Dieses Bild wurde jahrzehntelang von der Tourismusindustrie geprägt und (aus)genutzt. Es erschien leichter, reisefreudige Interessierte mit Lederhosen, Weißbier und Würstchen in die heile Welt der Alpen zu locken, als ein multikulturelles Deutschland vorzustellen, das schon seit Generationen durch den Einfluss von Einwanderern international geworden ist. Schon heute hat jede mittelgroße Stadt in Deutschland mindestens ein griechisches Restaurant und den italienischen Pizza-Bäcker. Wer nun aber schon einmal Griechenland besucht hat und sich hinter den Tourismuszentren in einheimische Restaurants gewagt hat, wird bemerken, das die hiesigen ausländischen Küchen längst nicht mehr viel mit der eigentlichen Tradition des jeweiligen Herkunftslandes zu tun haben.
Die Weißwurstgrenze existiert nicht mehr!
Noch vor wenigen Jahren waren die kulinarischen Grenzen in Deutschland klar definiert. Wo Rollmöpse oder Krakauer gegessen werden (müssen), war jedem Bundesbürger klar. Wer die richtige Schweinshaxe essen wollte, musste den Weg nach Bayern auf sich nehmen. Doch in den letzten Jahrzehnten hat sich das Bild geändert; jedes gutbürgerliches Restaurant bietet heutzutage nicht-lokale Spezialitäten an, die mindestens genauso gut schmecken wie an ihrem Ursprungsort. Ein Grund dafür ist die veränderte europäische Wirtschaftslage, die Arbeitssuchenden erlaubt, überall in Europa einen Job anzunehmen. Und auch die Deutschen selber sind viel flexibler geworden: Sie akzeptieren immer öfter einen Wohnungswechsel um sich beruflich und oder privat zu verbessern. Das alleine ist aber nicht der einzige Grund, warum das gängige Bild der deutschen Küche im Ausland längst veraltet ist. Es ist die Experimentierfreudigkeit der jungen Generation, die Die Repräsentation des kulinarischen Deutschland vor neue Aufgaben stellt. Auf der Suche nach neuen Gaumenfreuden und besonderen Erfahrungen im kulinarischen Bereich werden Grenzen überschritten und viele internationale Küchen mit der Deutschen gemixt. Nahrungsmittel und Gewürze werden vereint, die aufgrund Ihrer Ursprungsorte und kulturellen Einsatzländer nie zueinander gefunden hätten.
Peking-Ente mit Bratkartoffeln
In den meisten Städten Deutschlands sind neue Restaurants entstanden, die sich den traditionellen Kategorien entziehen. Es werden Designer-Menüs angeboten, die den Besuchern exotische Gaumenfreuden bereiten, durch eine Mischung von traditioneller und internationaler Küche mit einem Schuss Experimentierfreudigkeit. Dabei entstehen Gerichte, die sich nicht mehr an die Gesetze der Sterneküche halten. Nicht zuletzt die gewachsene Nachfrage an Alternativen schiebt diese Innovationen an, wie vor Jahren bei der veganen Küche sichtbar wurde. Und auch die aktuelle Einwanderungswelle hat der deutschen Küche neue Anstöße gegeben. Gerade weil sich nicht alle Einwanderer für fachaerztejobs eignen, aber in der Gastronomie einen einfach zugänglichen und sicheren Arbeitsplatz gefunden haben. Die neue deutsche Küche ist eine Mischung aus Traditionen aus vielen Ländern und neuen Kreationen, die nur ein Land ermöglicht, das offen viele Kulturen aufgenommen hat und in sich vereint hat. Auf diesem Wege ist eine kulinarische Bandbreite entstanden, die interessante, nahrhafte und schmackhafte Gerichte vorzuweisen hat.