Einander besser kennenlernen durch Literatur – das Beispiel Stephen King

Eine Freundschaft lässt sich am besten entwickeln und festigen, wenn man eine Menge übereinander weiß. So ist das auch mit der Freundschaft zwischen Nationen, zum Beispiel den Deutschen und den Amerikanern. Dabei ist es vor allem interessant zu wissen, welche Gemeinsamkeiten man hat in den täglichen Gewohnheiten, in der Geschichte, aber auch in den Hoffnungen und Ängsten, die hat. Die Literatur ist dafür ein hervorragendes Mittel, das noch dazu gut unterhält.

Stephen King, der langjährige amerikanische Bestsellerautor, ist mit seinen zahlreichen Büchern eine hervorragende Quelle, um mehr über unsere amerikanischen Freunde zu erfahren. Aber ausgerechnet Stephen King: Schreibt der nicht über Vampire, Monster und alles Fantastische?

Stephen King, ein Chronist der Nachkriegsängste

Es gibt mehrere Gründe, warum man aus den Büchern von Stephen King vieles über das moderne Amerika und seine Bewohner lernen kann. Ein Grund liegt darin, dass das Unheimliche in seinen Werken eine reale Wurzel hat.

Stephen King beschreibt in seinem biografischen Sachbuch über Horror Danse Macabre, dass sich hinter der Maske der Monster sogenannte phobische Druckpunkte in der Gesellschaft verbergen. Dazu erzählt er von einem eigenen Schlüsselerlebnis: Als Jugendlicher besuchte er eine Kinovorstellung, die abrupt abgebrochen wurde. Dem Publikum wurde die erschreckende Nachricht mitgeteilt, dass die Sowjets den Satelliten Sputnik gestartet hatten. Dieser technologische Vorsprung der Russen sorgte für die Paranoia einer ganzen Generation. Die Angst vor dem, was vom Himmel kommt, inspirierte unzählige Bücher und Filme. Das Gefühl, dass es nie ganz sicher ist, vermittelt King auch in seinen eigenen Romanen. Das bringt die Akteure in seinen Geschichten auch dem deutschen Publikum sehr nahe. Den über einen langen Zeitraum hatte man die gleiche Grunderfahrung in der Zeit des Kalten Krieges geteilt. Hier wie dort fürchtete man einen atomaren Dritten Weltkrieg.

Der amerikanische Kleinstadtalltag im Gruselroman

Doch von King kann man nicht nur lernen, welche gemeinsamen Ängste die Deutschen und Amerikaner verbindet. Es gibt kaum ein anderes Beispiel in der Literatur, bei dem man das alltägliche Leben mit einer solchen Tiefenschärfe erzählt bekommt, wie in den großen Romanen von King. Auch hier lernt man, dass die Menschen auf der anderen Seite des Atlantiks genau die gleichen Sorgen und Nöte teilen wie unsere Landsleute.

Wer es genau wissen will und wenig Zeit zum Lesen hat, für den gibt es heute die hervorragende Möglichkeit, Hörbücher kostenlos herunterzuladen. Dabei findet man auch etwas von Stephen King, zum Beispiel ES, das in verkürzter Form erhältlich ist. Gerade diese Geschichte, deren zweiter Teil bald ins Kino kommt, erzählt von einer typisch amerikanischen Jugend in der Kleinstadt und was das Leben in einer kleinen Stadt ausmacht. Neben der Bedrohung durch den unheimlichsten Clown der Literatur und des Films kreist das Leben der Menschen oft um wirtschaftliche Sorgen. Die Helden in Kings Romane sind keine Superhelden und keine Stars. Sie sind normale Menschen wie du und ich. Sie haben die gleichen Wünsche. Wer sich etwas Zeit nimmt, auch auf die subtilen Zwischentöne in den Romanen zu achten, wird merken, wie nah wir uns in Wahrheit sind.